Insulin – was du wirklich wissen musst
Wie um viele andere Themen im Bereich Fitness und Ernährung reihen sich auch einige Mythen um das Thema mit dem Insulin. Zu Beginn erst einmal eine kurze Erklärung, was Insulin eigentlich ist und bewirkt.
Die so genannten Langerhans Inseln, auch Inselzellen genannt, welche sich in den Zellen der Bauchspeicheldrüse befinden, sind der Ursprung für den Namen Insulin. Nur diese besonderen Zellen sind in der Lage Insulin zu produzieren. Dieses wird dann unter Anderem dazu benötigt, den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Insulin senkt diesen; Cortisol, Adrenalin oder Hormone, die in der Bauchspeicheldrüse produziert werden, lassen ihn steigen.
Ein hoher Insulinausstoß wird oft mit einer hohen Fetteinlagerung gleichgesetzt. Nach dem Training soll es wiederum genau anders herum sein. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Es ist wichtig, dass gewisse Stoffe aus der Blutkreislaufbahn heraus und in das Zellinnere transportiert werden, um die Energie dort zu nutzen. Vorwiegend wird Zucker als Glykogen in die Leber und in Muskelzellen eingespeichert, um dort als gespeicherte Energie zur Verfügung zu stehen. Insulin stellt also eine Art Transport-Matrix für Makronährstoffe (Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate) dar. Nicht nur für Kohlenhydrate! Dazu kommen wir jedoch später. Wahrscheinlich stellst du dir im Zusammenhang mit Insulin die folgenden Fragen:
- Muss ich also meine Kohlenhydratzufuhr timen, um den Insulinausstoß an den Zeitpunkten zu haben, an denen ich ihn brauche?
- Muss ich vor dem Schlafen aufgrund des Insulins auf Kohlenhydrate verzichten?
- Sollte ich vielleicht eine Low Carb Diät machen, damit ich Insulin weitesgehend vermeide?
Und genau diese Fragen werde ich dir jetzt beantworten!
Übersicht
- Insulin und Süßstoffe
- Der Insulin Index
- Ketogene Diät wegen weniger Insulin?
- Der glykämische Index
- Insulinsensitivität
- Relevanz im Sport
Insulin und Süßstoffe
Trinke ich nur ein Wasser oder greife ich doch zur Cola Light? Mittlerweile finden sich fast in jeder Lebensmittelbranche Süßstoffe. Sei es Aspartam, Acesulfam-K, Sucralose oder wie sie alle heißen. Oft stellt sich hierbei die Frage, ob diese aufgrund ihrer Süße auch Insulin ausschütten.
Denn bekanntlich hat unser Kopf und das, was wir denken sehr großen Einfluss darauf, was in unserem Körper geschieht. Ist die Süße ein Signal an unser Gehirn, das beinhaltet, dass das nur Zucker sein kann und unser Körper daraufhin Insulin ausstößt?
Zwar konnte in Studien festgestellt werden, dass der Konsum bei Ratten einen Insulinausstoß zur Folge hat, jedoch erwies sich dies nicht auf den Menschen übertragbar. Kurz und Knapp: Kein bekannter Süßstoff schüttet Insulin aus. Doch was schüttet jetzt alles Insulin aus? Nur die Kohlenhydrate? Dazu kommen wir im nächsten Absatz.
Die Quellen zum Insulinausstoß bei Süßstoffen findest du direkt auf examine.com
Der Insulin Index
Der Insulin Index zeigt an, in welchem Maß ein Lebensmittel Insulin ausschüttet. In der unten aufgelisteten Studie findet ihr alle Zahlen. Weißbrot wurde hierbei der Wert „100“ verliehen. Alle Lebensmittel, deren Werte unter 100 liegen, schütten weniger Insulin aus, als Weißbrot. Alle, deren Zahl darüber liegt, schütten mehr davon aus.
Unter anderem ist Insulin für den Transport von Glukose in die Muskelzellen zuständig. Gleichzeitig ist Insulin der Regulator des Blutzuckerspiegels.
Wenn ihr euch die unten aufgelistete Studie anschaut, wird euch eine Sache auffallen. Denn hierbei wurden nicht nur kohlenhydratreiche Lebensmittel untersucht. Nein, auch jede Menge fettiger und eiweißreicher Lebensmittel. Doch ihr Insulin Index steht nicht auf 0. Nein, sogar teilweise höher als der von Weißbrot! Daraus können wir schließen, dass nicht nur Kohlenhydrate, sondern auch Fette und Protein Insulin ausschütten.
Dies bedeutet, dass Insulin nicht nur dafür zuständig ist, Kohlenhydrate in Leber und Muskelzellen zu transportieren, sondern eben auch als Transport-Matrix für Fette und Protein dient. auch Wheyprotein, insbesondere BCAA’s schütten Insulin aus.
Ein weiteres Argument gegen eine Low Carb- /anabole Diät, die den Vorteil haben soll, weniger Insulin auszuschütten, da Insulin auch die Lipolyse im Fettgewebe und somit den Abbau von Fett hemmt. Doch was bedeutet das jetzt für all die Mythen die kursieren, auch bezüglich der Low Carb Diät? Scrolled etwas runter!
Liste von Lebensmittel mit dazugehörigen Insulin Index:
- http://ajcn.nutrition.org/content/66/5/1264.full.pdf+html
Ketogene Diät wegen weniger Insulin?
Gerade haben wir erfahren, dass auch Fett und Eiweiß den Körper dazu bringen, Insulin zu produzieren. Ein starkes Argument, auf das sich die Low Carb Diät stützt, ist, dass aufgrund der geringeren Kohlenhydratzufuhr weniger Insulin ausgeschüttet wird. Insulin ist der Antagonist – dass heißt soviel wie „Gegenspieler“ – des Wachstumshormons.
Lasst mich kurz einen Grundsatz unserer Hormonspiegel am Beispiel unserer beiden aufgezeigten Hormone erklären:
Das Wachstumshormon ist unter Anderem dafür zuständig, wie der Name schon vermuten lässt, Muskeln zum Wachsen zu bringen. Auch für die Lipolyse, also dem Fettstoffwechsel ist es zu gewissen Teilen zuständig.
Der Mythos „keine Kohlenhydrate vor dem Schlafen“ stützt sich auf diesen Gedanken. Es wurde nämlich bewiesen, dass der Wachstumshormonausstoß nachts, während wir schlafen, am höchsten ist. Viel höher, als tagsüber, am höchsten eine halbe Stunde nach dem Einschlafen. Wird Insulin ausgeschüttet, sinkt der Wachstumshormonspiegel und umgekehrt. Das ist das, was Antagonisten, also Gegenspieler im Körper ausmacht. Sie regulieren sich gegenseitig.
Da man früher annahm, dass Insulin eben nur von Kohlenhydraten ausgeschüttet wird, dachte man auch, man müsse vor dem Schlafen gehen, um effektiver Fett zu verlieren, auf diese verzichten, damit nachts der Wachstumshormonspiegel nicht durch das Insulin gehemmt wird.
Kurz gesagt: Man dachte, Kohlenhydrate am Abend behindern nachts den Fettabbau. Dass auch die anderen Makronährstoffe Insulin ausstoßen, wie wir bereits gelernt haben, ist jedoch nicht der einzige Grund, der gegen diese These spricht! Denn man könnte ja trotzdem ein paar Stunden vor dem Schlafen gehen einfach keinen der drei Makronährstoffe, also Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate zu sich nehmen.
Zwei weitere Gründe sprechen klar dagegen. Zu einem die Magenverweildauer und der sehr zeitaufwändige Verdauungsprozess, den ich in Zukunft noch behandeln werde, zum anderen der Grundsatz unserer Hormonspiegel, dem dieser Absatz gewidmet ist. Unser Körper strebt IMMER ein Gleichgewicht an. Er schüttet jeden Tag in gleichem Maße Insulin aus, wie Wachstumshormon. Egal, wie sehr man auf Dinge verzichtet, am Ende des Tages, ist immer alles gleich! Schüttet der Körper tagsüber weniger Wachstumshormon aus, warum auch immer, gleicht er das nachts wieder aus! Genauso wie beim Insulin.
Folglich sind wir gar nicht in der Lage, unseren Hormonspiegel in diesem Kontext irgendwie zu manipulieren, um unseren Wünschen zu entsprechen. Unser Körper sch***t auf unsere Versuche. Also auch in der Low Carb Diät findet das Thema Insulin keine wirkliche Berechtigung. Auf Kohlenhydrate zu verzichten, bringt unseren Körper nicht dazu, mehr Wachstumshormon auszuschütten. Also wenn der Insulin Index uns in der Praxis nicht viel weiterhilft, doch vielleicht der glykämische Index?
Der glykämische Index
Ein wichtiges Kriterium für die Wahl der Lebensmittel? Ihr kennt das bestimmt. Im Studio hört man an jeder Ecke: „Hau Maltodextrin in deinen Postworkout-Shake! Maltodextrin hat einen hohen glykämischen Index!“
Richtig, aber: Der glykämische Index zeigt die Veränderung des Blutzuckerspiegels in Folge eines kohlenhydratreichen Lebensmittels an. Umso höher also der glykämische Index, umso mehr Blutzucker. Zumindest in der Theorie. In der Praxis wurde das in einer Untersuchung getestet und die Ergebnisse sprechen für sich. In Verbindung mit anderen Nahrungsmitteln, insbesondere anderer Makronährstoffe verändert sich dieser nämlich komplett.
Unser Maltodextrin hat also einen sehr hohen glykämischen Index und wird deshalb, durch die höhere Insulinproduktion schneller in die Muskelzellen bewegt. Ja! Aber lieber Hobbywissenschaftler, kombinierst du das jetzt mit Whey Protein, passiert was mit dem glykämischen Index?
Genau, er verändert sich komplett und das in die andere Richtung! Außerdem haben wir noch viele andere Lebensmittelüberreste in unserem Magendarmtrakt, was diesen nochmals verändert. Damit wir diesen glykämischen Index in der Praxis nutzen könnten, müssten wir ca. 3 Tage immer das selbe Lebensmittel essen, bis unser Darm die letzten Reste an Lebensmitteln ausgeschieden hat und keine Spur von anderen Lebensmittel mehr in unserem Körper auffindbar ist.
Natürlich lässt sich das so nicht machen und wäre alles andere als abwechslungsreich. Also traue ich mich lauthals zu verkünden: Der glykämische Index hat zwar seine Daseinsberechtigung, jedoch nicht für uns. Vergesst ihn!
Liste von Lebensmittel mit dazugehörigen glykämischen Index:
Einfluss von Whey auf Insulin:
Einfluss von BCAA’s auf Insulin:
Insulinsensitivität
Nicht selten hört man diesem Begriff. Doch was bedeutet er? Ihr könnt ihn ganz einfach in „Insulinempfindlichkeit“ übersetzen. Insulinsensitivität beschreibt, wie sehr der Körper auf Insulin reagiert oder eben, wie wenig. Dies kann man auf viele Hormone übertragen. Man vermutet, dass Leute, die eine höhere Insulinsensitivität in der Muskulatur und eine niedrigere im Fettgewebe mit sich bringen – unter Anderem genetischer Natur – zur „Elite“ unseres Sports zählen.
Diese tun sich leichter Muskeln aufzubauen und weniger Fett anzusetzen. Sie profitieren davon, dass der Körper die Nährstoffe leichter/mehr zur Muskulatur transportiert und schwerer/weniger zum Fettgewebe. Andere Faktoren, die die Insulinsensitivität bestimmen sind das Alter. Im Alter sinkt diese immer weiter ab, woraus man auch schlussfolgern kann, dass ältere Menschen sich schwerer beim Fett verlieren tun. Der Körperfettanteil spielt hierbei auch eine große Rolle. Umso mehr Fett abgebaut wird, umso mehr steigt die Insulinsensitivität und umgekehrt.
Auch die Ernährung, der Stresslevel und die Bewegung in der Freizeit, also das Aktivitätslevel können diese Empfindlichkeit manipulieren. Wenig Bewegung in der Freizeit bedeutet eine geringere Insulinsensitivität. Also, lieber Leser, beweg dich! Fettreiche Ernährung, in der auch wenig Ballaststoffe zugeführt werden, führt ebenso zu einer geringeren Insulinsensitivität.
Kurzer Einschub: Fettreiche Ernährung, z.B. in einer Low Carb Ernährung, geht oft mit Ballaststoffmangel einher, da die meisten Ballaststoffe in den kohlenhydratreichen Lebensmitteln vorzufinden sind. Eine fettarme Ernährung mit hoher Ballaststoffzufuhr begünstigt wieder das, was wir uns wünschen. Stress, egal auf welche Art und Weise sollte vermieden werden, da dieser sich wieder negativ auf die Insulinsensitivität auswirkt.
Auch lässt sich ein Zusammenhang der Insulinsensitivität mit Menschen, die besser auf Low Carb Diäten und Menschen, die eher auf Low Fat Diäten ansprechen, vermuten. Menschen mit hoher Insulinsensitivität neigen eher zu Low Fat Diäten, da sie sich bei einer Low Carb Diät gar nicht gut fühlen. Sie leiden an Hungergefühl, was das Durchhaltevermögen in der Diät, das nun mal erforderlich ist, stark behindert. Umgekehrt ist es bei Menschen, die eine geringe Insulinsensitivität aufweisen.
Bevor ich zum Schlusswort komme, in dem ich die Relevanz im Sport beschreibe, möchte ich Folgendes noch ausschließen. Nicht nur bei Diabetes-Kranken kommt Insulin extern zum Einsatz, sondern natürlich auch, wenn es um Doping geht. Wie wir oben schon erfahren haben, hat Insulin seine Vorzüge, wenn es um Fettabbau und Muskelaufbau geht, also liegt es auf der Hand, dass es auch einige Sportler benutzen, um ihre Leistungen zu verbessern. Da ich mir erlaube, nicht davon auszugehen, dass du sowas in Betracht ziehst, kommen wir jetzt, abgesehen von dieser Tatsache, zur Relevanz für uns.
Relevanz im Sport
Abschließend lässt sich sagen, dass wir Sportler uns weder über Insulin, noch über den glykämischen Index Gedanken machen sollten. Beide besitzen nicht wirklich eine all zu hohe Aussagekraft. Die Insulinsensitivität ist noch am ehesten das, was wir uns genauer vor Augen führen sollten. Diese lässt sich nämlich doch noch beeinflussen, auch wenn ich euch nicht sagen kann, in welchem Maße und nicht in hohem Maße vermute. Stress vermeiden und ballaststoffreich essen, was mindestens 10g Ballaststoffe pro 1000 gegessenen kcal, bedeutet, gebe ich euch mit auf den Weg. Ich hoffe auch ich konnte mit diesem Artikel dazu beitragen, dass ihr euren Stresslevel senken könnt. Nämlich im Kontext, dass ihr euch weniger Gedanken über die obigen Punkte machen müsst, wie vielleicht erwartet.
Fachlich sehr korrekt, man sieht, dass der Autor weiss was er schreibt! Stimme da voll und ganz zu! Danke für den guten Artikel!
Ganz toll geschrieben, kompliment! War früher laang auf Low Carb und fühlte mcg nie gut dabei. Hatte chronisch durchfall und andauernd enormen heisshunger! Irgendwann kam mir immerwieder der gedanke das es an fehlenden Balladtstoffen liegt. Seit ich wieder mehr nach “Gefühl” esse, sprich auch mal früchte nach intensiven Einheiten und mehr Haferflocken geht es mir grossartig u d Durchfall ade!
Ich war auch immer überzeugt von Low Carb aufgrund der Insulin These! Bis mich jemand darauf hinwies das auch EW+Fett einen Mega Insulinausstoss geben! Du hast es mit dem Artikel komplett auf den Punkt gebracht! Klasse
Ich finde es sehr interessant was du geschriebn hast, habe aber jedoch eine frage, was ich noch nicht ganz verstehe, aus welchen Grund gleicht der körper zb in der Nacht wieder den insulin spiegel wieder an obwohl man zb. Auch komplexe Kohlenhydrate wie volkorn. So bleibt doch der insulin Spiegel fast konstant und steigt nicht so schnell und ruckartig hoch wie zb meim weiss brot.